Uns allen wurde beigebracht, den „Ein-Bildungen“ im Leben mißtrauisch gegenüberzustehen. „Du bildest dir das nur ein!“ steht für „Es ist nicht wahr!“. In der Folge verlieren wir den Kontakt zu unseren inneren Bildern und welche unserer inneren Bilder sich verwirklichen, hängt nur noch vom Zufall ab.
Sehr oft allerdings sind es leider gerade die negativen Bilder vom Leben, die uns – ohne daß wir es wissen – bestimmen. Sätze wie „Niemand schenkt dir etwas für Deine schönen Augen!“ oder „Du mußt Dich im Leben immer anstrengen, um etwas zu erreichen!“ erzeugen innere Bilder und Wirklichkeit. Sätze wie „Die Krankheit xyz ist unheilbar!“, gesprochen von scheinbar wichtigen Autoritäten in respekteinflößenden Institutionen haben Folgen, indem wir unser Handeln, Denken und Fühlen danach richten. Kommt noch eine Überzeugung dazu wie „In unserer Familie sind viele früh gestorben!“ sind die besten Voraussetzungen geschaffen, an einer Krankheit zugrunde zu gehen, die ein anderer Mensch mit einer anderen Grundeinstellung und anderen inneren Bildern bewältigt hätte, wie viele Krankengeschichten heute beweisen.
Ich habe lange danach gesucht, was der Grund dafür sein kann, das manche Menschen mit schwerer Erkrankung und schlechten Voraussetzungen manches mal erstaunlich schnell gesund werden, während andere mit besseren Voraussetzungen und leichteren Krankheiten nur schwer zurecht kommen. Auch andere haben danach gesucht und gefunden, das das innere Bild von der Krankheit, der Heilung, der Behandlung und vom Behandler sich als der entscheidende Faktor dafür erweist, ob eine Behandlung erfolgreich oder nutzlos sein wird.
Um zwei extreme Beispiele zu nennen, wäre auf der einen Seite etwa der Krebskranke, der – ohne es zu wissen – ein inneres Bild von seinem Krebs hat, daß einem großen mächtigen Raubtier entspricht, welches in seinem Körper ungehindert ein und aus geht, während er kein Bild dafür hat, wie sein Immunsystem dagegen vorgehen kann, er stellt sich vielleicht seine weißen Blutkörperchen als nutzlose Ping-Pong-Bälle vor, die ohne Sinn
hin und her rollen und nichts bewirken. Die Medizin stellt er sich vor als schmerzhaft und nutzlos, alles wie gesagt, ohne es zu wissen. Dieser Patient hätte schlechte Voraussetzungen zu heilen.
Auf der anderen Seite wäre der Patient, der weiß, daß Krebszellen ungeordnet und schwach sind, nutzlose Zusammenballungen von kranken Zellen, die jederzeit im Körper entstehen und vom Immunsystem Tag für Tag zerstört und ohne Probleme ausgeschieden werden. Er weiß, daß etwa sein Krebs nicht eine schreckliche Schicksalsmacht ist, sondern eine Alarmglocke, die in darauf aufmerksam macht, das er im Leben Wichtiges übersehen und sich massiv überfordert hat. Er weiß, das er sein Immunsystem unterstützen soll und kann und hat ein klares Bild davon, wie seine Medizin und sein Behandler ihm nützen und seine Heilung fördern. Dieser Patient hat gute Chancen, wieder gesund zu werden.
In der „rauhen Wirklichkeit“ ist es fast immer so, das wir lange brauchen, um dieses wirklich zu verinnerlichen. Das Einbildung nutzlos ist, ist paradoxerweise ein sehr starkes inneres Bild, welches zu überwinden manches Mal dauert und Mühe macht. Am Anfang haben wir nur kleine Erfolge, und denken „Es war Zufall!“. Aber wenn wir am Ball bleiben, dann nehmen die Erfolge zu und mit ihnen das Vertrauen in die Kraft der inneren Vorstellung.
Die folgende Übung soll ein Einstieg sein und dazu dienen, die inneren Bilder kennenzulernen und soll eine laufende Therapie unterstützen. Auf keinen Fall soll die Übung dazu dienen, eine Therapie oder wichtige Medikamente zu ersetzen und überflüssig zu machen.
Es ist auch ratsam, sich ein Verfahren zur Entspannung und zur Erforschung der inneren Bilder gründlich anzueignen, um den ganzen Nutzen aus dem Verfahren zu haben. Dies kann das Autogene Training, die Atemarbeit nach Middendorf sein oder irgendein anderes nützliches Verfahren, das Ihnen zugänglich ist. Nützlich ist auch das Buch mit der Kassette „Wieder gesund werden“ von Carl Simonton.
Wichtiger als die Technik ist es, die anfängliche „Durststrecke“ durchzuhalten, die fast immer kommt, wo Schwierigkeiten nicht nur nicht verschwinden, sondern scheinbar schlimmer werden, weil sie plötzlich wahrnehmbar sind. Dies ist so ähnlich, als wenn man beim Aufräumen erst einmal einen wüsten, häßlichen Haufen altes Zeug aufeinandertürmt, welches man aus den Schränken geholt hat. Dies sieht schlimmer aus, als vorher. Aber nur so kann man sortieren und Ordnung schaffen.
Die Übung
Suchen Sie einen ruhigen Platz, stellen Sie das Telefon möglichst aus, werfen Sie Kinder und Haustiere hinaus. Wenn sie mehr Übung haben, können Sie später an den unmöglichsten Plätzen üben, im Flugzeug, in der U-Bahn oder auf der Parkbank. Am Anfang sollten sie dafür sorgen, daß Sie beim üben ungestört sind.
Um sich zu entspannen, kann man verschiedene Haltungen einnehmen. Man kann entspannt in einem Sessel sitzen, mit den Füßen auf dem Boden, man kann auf einem Sofa liegen oder entspannt auf einem Stuhl sitzen. Probieren Sie aus, was für Sie nützlich ist.
Wenn Sie es sich bequem gemacht haben, konzentrieren Sie sich auf den Atem und lassen ihn fließen ohne die Atmung zu verringern oder zu verstärken. Achten Sie darauf, wohin der Atem sich richten will und lassen sie ihn dorthin gehen. Es kann hilfreich sein, die Hand auf den Bauch oder auf die Flanken zu legen und sich vorzustellen, das man mit dem Atem die Hand sanft hochheben möchte, um zu verstehen, was es heißt, dorthin zu atmen. Versuchen sie nicht, tief zu atmen oder ein bestimmtes Muster einzuhalten. Es geht darum, sich dem Atem zu überlassen, loszulassen.
Dann sagen Sie sich zehn Atemzüge lang nach jedem Atemzug „Ich fühle mich – es atmet mich.“
Lassen Sie das alles ein bißchen wirken und dann wandern Sie in Gedanken durch den Körper, von oben nach unten, und stellen sich vor, wie jeder Körperteil, außer der Stirn, warm und entspannt ist. Die Stirn stellen Sie sich angenehm kühl vor. Versuchen Sie zu fühlen, wo Sie aufliegen oder sitzen und stellen Sie sich vor, wie sie vom Sessel, vom Stuhl, vom Sofa, vom Boden angenehm und sicher getragen werden und selbst nichts halten müssen. Wenn Sie einen Körperteil bemerken, der besonders angespannt ist, widmen Sie dem ein bißchen mehr Zeit. Falls „aufregende“ Gedanken Sie ablenken, lassen Sie diese einfach kommen und gehen. Mit der Zeit fällt die Konzentration leichter und die Gedanken schweifen nicht mehr so häufig ab.
Wenn Sie diese Übung 2 – 3 Mal am Tag gründlich durchführen können, Sie nach zwei bis drei Wochen anfangen, sich in der Entspannung das vorzustellen, was Sie heilen möchten. Stellen Sie sich vor, wie das Problem beseitigt wird, sich verkleinert und verschwindet. Sie können sich etwa vorstellen, wie die weißen Blutkörperchen in Form von kraftvollen Tieren, die Ihnen gefallen, durch den Körper streifen und jede Zelle, die nicht gebraucht wird, egal ob vom Furunkel, entzündeten Gelenk, Magengeschwür, was auch immer, beseitigt wird. Nach der Beseitigung stellen Sie sich kleine Besen in einer freundlichen Farbe vor, die hinterhergehen und alles blankputzen. Versuchen Sie soviel wie möglich über Ihre Krankheit zu lernen, damit Sie sich genau vorstellen können, wie ein gesundes Gelenk oder eine gesunde Oberhaut oder eine gesunde Schleimhaut aussehen sollen.
Dann stellen Sie sich diesen gesunden Zustand vor und erinnern sich, wie es früher aussah, wie Sie sich gefühlt haben, welche Sportarten sie betrieben haben. Setzen Sie sich ein Ziel und bringen Sie sich dieses Ziel mehrmals täglich vor die Augen.
Überfordern Sie sich nicht. Meistens haben wir gelernt schnelle Erfolge zu erwarten. Zwar ist das wieder gesund werden realistisch. Es ist aber nicht möglich, eine schwerere oder gar chronische Erkrankung durch Entspannung, gesündere Ernährung und mehr Bewegung und ein paar Gespräche im Handumdrehen „wegzumachen“.
Aus der Behandlung der Multiplen Sklerose weiß man, daß es auch bei gutem Bemühen mindestens ein halbes Jahr dauert, bis man deutliche Erfolge sieht und ein Jahr, bis Symptome wirklich verschwinden. Dazwischen ist es normal, daß es „auf und ab geht“ mit Hoffen, Bangen, Zagen. Halten Sie sich Menschen vom Halse, die Sie entmutigen, suchen Sie sich Gleichgesinnte und Unterstützung.
Ordnen Sie Ihr Leben so gut wie möglich und lassen Sie innerhalb der Struktur „Fünfe grade sein.“ Lassen Sie sich von nichts und niemand unter Druck setzen. Seien Sie gut zu sich selbst. Gegen eine Krankheit „anzukämpfen“ ist so, als wöllte man gegen einen Zug anrennen. Es ist viel weniger anstrengend, nur die Gleise zu verlassen und man wird feststellen, das dann auch der Streckenwärter, das Symptom, Ruhe gibt. Versuchen Sie nicht, die Streckenwärter zu erschlagen, sie kommen immer wieder. Und jedes Mal schreien Sie dann lauter. Wenn Sie einen Streckenwärter so wütend gemacht haben, das er Ihnen wirklich schaden will (Schub in der Multiplen Sklerose, Darmlämung, Lungenentzündung etc.) dann müssen Sie ihn vielleicht kurzzeitig ruhig stellen mit Kortison, Antibiotika, Operation. Aber nachher sollten ihm gründlich zuhören. Und später lassen Sie es nicht mehr so weit kommen. Und genau dabei kann Ihnen diese Übung helfen.
Literaturempfehlungen:
Wieder gesund werden, Dr. Carl Simonton, rororo
Autogenes Training, Rolf Faller, Falken Verlag
Massage und Meditation, George Downing
Märchen, Mythen, Träume, Erich Fromm, rororo
Der Abbruch der Schweigemauer, Alice Miller, Hoffmann und Campe